Donnerstag, 28. April 2011

Konstrukt

Beim Ausräumen des Hauses habe ich ein Fotoalbum von ihr gefunden, aus den 50ern, frühe 60er.
Viele Familienfotos und ich kenne ausser ihr und ihren Eltern, meinen Grosseltern, niemanden.
Nicht mal namentlich.
Es mag ja sein, dass sie sich und ihr Leben so unzulänglich oder unspektakulär fand (findet), dass sie riesige Teile herausbrach und durch fantastische Lügenkonstrukte ersetzen musste, aber ich stehe nachwievor vor der Frage:
Wer ist meine Mutter ?
Und mir fehlen viele Teile von mir.
Und nach dem letzten, sehr bizarren Gespräch mit ihr vor ca drei Monaten ist mir klar, dass die Grenzen ihrer Pseudologie noch lange nicht erreicht sind.
Um es mit einem Beispiel deutlich zu machen: Ich erzähle ihr, dass der Flieder vor meinem Balkon violett ist.
Darauf erklärt sie mir in sehr herabsetzendem, massregelndem Ton, wider besseres Wissen, dass er weiß sei.
Ich kann ihr ein Foto schicken, das beweist nichts, nur dass ich es manipuliert habe.
Ich kann sie einladen um es ihr zu zeigen, dann lehnt sie zynisch ab, denn sie habe es nicht nötig, Mühen auf sich zu nehmen um letztlich den Beweis für meine Lüge zu sehen.
Das mag für den Aussenstehenden vielleicht skurrill klingen, oder schrullig, aber es war und ist die Hölle.
Ich bin mit ihren Lügen geboren und aufgewachsen.
Kindheitsgeschichten, Ereignisse, Erlebnisse, alles Konstrukte ihrer kranken Hirnwindungen.
Genauso wie die diversen Verletzungen die sie mir zufügte, die dann in der Notaufnahme zu den Unfällen eines tolpatschigen, schwer zu bändigenden Kindes wurden.
Diese Diskrepanz hat mich zerrissen.
Meine Erzeugerin wird als besorgte, kompetente und liebevolle Mami dargestellt.
Ich als widerspenstiges, undankbares Kind das sich ständig Verletzungen holt und der Mami solche Sorgen macht.
Heute, als Erwachsene, bin ich extrem empfindlich was Lügerei, Unehrlichkeit, Unauthentizität angeht.
Wer nicht ehrlich zu mir ist in Worten und Verhalten, auch nur einmal, hat nichts in meinem Leben zu suchen.

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